
famPlus im Gespräch mit Arbeitsrechtsexpertin Manuela Obert. Manuela Obert hat eine eigene Rechtsanwaltskanzlei in Kirchseeon bei München. Sie ist Mutter von zwei Kindern und in Vollzeit berufstätig. Zudem ist Sie als Rechtsexpertin beim Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) zuständig für arbeitsrechtliche Fragen im Rahmen der rechtlichen Erstberatung von Mitfrauen. Die rechtlichen Aspekte der Kinderbetreuung kennt sie daher nicht nur als Juristin sondern auch aus eigener Erfahrung sehr gut.
Frau Obert, worin besteht aus arbeitsrechtlicher Sicht der Unterschied zwischen Tagesmutter und Kinderfrau?
Manuela Obert: Die Eltern schließen mit der Kinderfrau einen privaten Arbeitsvertrag und die Tagesmutter arbeitet auf selbständiger Basis. Daraus ergeben sich zwei wesentliche Unterschiede: Erstens ist die Kinderfrau weisungsgebunden. Das heißt, sie empfängt von den Eltern die Anweisungen, wie, wann und wo sie ihre Arbeit zu tun hat. Zweitens, es gibt von Seiten des Gesetzgebers keine Prüfung der Qualifikation und der persönlichen Eignung der Kinderfrau. Jeder darf als Kinderfrau arbeiten und sich so bezeichnen. Eine Tagesmutter muss hingegen gesetzliche Vorgaben erfüllen, um als solche zu arbeiten. Sie muss eine entsprechende Ausbildung vorweisen und eine gültige Pflegeerlaubnis besitzen. Als Eltern sollte man daher sehr vorsichtig sein, wen man als Kinderfrau beschäftigt, und die Bewerber genau prüfen. Man sollte sich Zeugnisse vorlegen lassen, Referenzen prüfen und die Bewerberin zum Kennenlernen ruhig auch mal zuhause besuchen.
Wie sieht ein Arbeitsvertrag mit einer Kinderfrau aus?
Manuela Obert: Grundsätzlich gilt bei Arbeitsverträgen: Weniger ist mehr. Vieles ist bereits im Gesetz geregelt. Man sollte sich daher auf die Eckpunkte im Vertrag konzentrieren, wie z.B. Arbeitstage, Arbeitszeit, Bezahlung u.ä.. Ich habe für famPlus einen Mustervertrag ausgearbeitet, der speziell auf die Anstellung von Kinderfrauen im eigenen Haushalt zugeschnitten ist. Er enthält auch eine zusätzliche Verschwiegenheitserklärung und eine Erklärung zum Recht am eigenen Bild. Beides ist meines Erachtens wichtig, um die eigene Privatsphäre und das Kind zu schützen. (Verträge hier abrufbar für registrierte Nutzer.)
Welche Unterlagen brauche ich für den Vertragsabschluss?
Manuela Obert: Sie brauchen eine Kopie des gültigen Personalausweises und gegebenenfalls eine gültige Arbeitserlaubnis. Dann brauchen Sie noch die Angaben zur Krankenkasse und ein Sozialversicherungsausweis, bzw. die Sozialversicherungsnummer. Des Weiteren empfehle ich Ihnen, sich ein „polizeiliches Führungszeugnis für private Zwecke“ vorlegen zu lassen. Das bekommt die Kinderfrau problemlos auf dem Rathaus in ihrem Wohnort.
Wie und wo melde ich die Beschäftigung an?
Manuela Obert: Das hängt vom Umfang der Beschäftigung ab. Handelt es sich um einen 400-Euro-Job, bzw. Minijob, so spricht man von einer geringfügigen Beschäftigung. Hier ist die Abwicklung relativ einfach. Ab 400,01 Euro schließen Sie ein reguläres sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ab. In diesem Fall müssen Sie anders vorgehen.
Was muss ich tun, wenn es sich um einen Minijob handelt?
Manuela Obert: Bei einem Minijob melden Sie Ihre Kinderfrau nach dem Haushaltsscheckverfahren bei der Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in Essen an. Sie können das alles online abwickeln. Wenn Sie alle Unterlagen und Angaben vorliegen haben, geht das einfach und schnell. Die Minijob-Zentrale bietet den Eltern ein Rundum-Sorglos-Paket. Sie berechnet die Sozialversicherungsbeiträge und zieht diese per Einzugsermächtigung ab. Dasselbe gilt für die pauschale Versteuerung und für die gesetzliche Unfallversicherung.
Und was muss ich tun, wenn der Umfang 400 Euro im Monat überschreitet?
Manuela Obert: Ab 400,01 Euro ist eine Betriebsnummer erforderlich, die Sie beim Betriebsnummern-Service der zuständigen Arbeitsagentur in Saarbrücken erhalten. Nun müssen Sie Ihre Kinderfrau selbst bei der Krankenkasse anmelden Anmerkung der Redaktion. Sie müssen die Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung selbst berechnen und abführen. Zudem müssen Sie eine Unfallversicherung abschließen. Hierzu setzen Sie sich am besten mit der Krankenkasse Ihrer Kinderfrau in Verbindung oder Sie informieren sich vorab bei der Deutschen Rentenversicherung.
Hat die Kinderfrau Anspruch auf bezahlten Urlaub?
Manuela Obert: Ja, die Kinderfrau hat Anspruch auf bezahlten Urlaub. Dabei ist es egal, ob sie geringfügig beschäftigt ist oder darüber hinaus.
Wie berechne ich die Urlaubstage?
Manuela Obert: Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer 6-Tage-Woche 24 Tage und ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt er 20 Tage, bei einer 4-Tage-Woche 16 Tage, bei einer 3-Tage-Woche 12 Tage und so weiter. Der volle Urlaubsanspruch wird jedoch erst erworben, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens seit sechs Monaten besteht. Davor fällt er nur anteilig an. Hat die Kinderfrau also erst zwei Monate gearbeitet, stehen ihr nur 2/12 ihres Gesamtjahresurlaubs zur Verfügung. Bei der Berechnung muss immer auf ganze Tage aufgerundet werden.
Wie sieht es mit Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus?
Manuela Obert: Auch hier ist die Gesetzgebung klar und es gibt keinen Unterschied zwischen geringfügiger und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung: Die Kinderfrau hat Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sofern sie eigene Kinder unter zwölf Jahren hat, hat sie übrigens auch Anspruch auf unbezahlten Urlaub, wenn eines ihrer Kinder krank sein. In der Regel sind das bis zu zehn Tage pro Kind.
Wie sieht es mit Pausen aus? Gibt es hierzu arbeitsrechtliche Vorgaben?
Manuela Obert: Eine Pausenregelung kann es nur geben, wenn Unterbrechungen überhaupt möglich sind. Bei einer Kinderfrau ist das meines Erachtens nicht realisierbar, obwohl sie gesetzlich geregelt ist. Wenn Sie die Kinderfrau in Vollzeit beschäftigen, muss sie sich natürlich auch mal ausruhen. Das kann sie machen, wenn das Kind schläft oder sich alleine beschäftigt. Allerdings hat sie dann immer noch die Aufsichtspflicht. Eine feste vertragliche Pausenregelung auf die Stunde genaue würde ich auf gar keinen Fall vereinbaren. Es sei denn, es kümmert sich während der Pausen der Kinderfrau jemand anderes um das Kind. Denn wenn Sie vertraglich feste Pausenzeiten vereinbaren, hat die Kinderfrau während dieser Zeit keine Aufsichtspflicht. Wer trägt in dieser Zeit die Verantwortung? Sollte die Kinderfrau auf festgelegte auf die Stunde genau bezogene Pausen bestehen, sollte man sich vielleicht auch überlegen, ob die Person überhaupt geeignet ist für die Stelle. Womit wir wieder bei dem Punkt wären, dass man eine Kinderfrau auf Herz und Nieren prüfen sollte. Schließlich geben Sie ihr das Wertvollste in Ihrem Leben in die Obhut.
Rechtsanwaltskanzlei Manuela Obert
www.kanzlei-obert.de
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Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM)
Bundesurlaubsgesetz
www.gesetze-im-internet.de/burlg/